XVII Citation de R. HARTMANN, Wie kamen die Deutschen nach Russland ?

‘« 1817, Donnerstag. Juni 26 neuen Stils war es, als ich mit meiner Frau und 9 Kindern von Kupferzell abreiste und den allerbittersten Trennungsschmerz schmecken musste… 6. (August) blieben wir das (Orsowa, welches der letzte Ort dieses Wegs in der Christenheit ist), weil der Vorsteher nach dem Neu-Orsowa zum Pascha musste, ¾ Stunden von hier, um die Pässe visieren zu lassen. 7. Morgens 9 Uhr fuhren wir ab und an Neu-Orsowa vorbei, welche Festung in Gestalt eines Halbmondes mitten in Donau liegt. Von 10 bis 11 Uhr fuhren wir durch den allergefährlichsten Ort der ganzen Donau, das Eiserne Tor genannt. Das Wasser ist da in einer so fürchterlichen Wallung, dass man natürlich am guten Hindurchkommen zweifeln muss. Die ganze Donau ist da mit Felsen wie vollgeworfen, so dass man sie überall herausstehen sieht, wo das Wasser hoch in die Höhe fährt. Die Schiffe mussten bald links, bald rechts zwischen den Felsen hindurch geschafft werden, und doch hörte man, wie sie über niedrige Felsen wegknarrten, dass einem angst und bange dabei wurde. Um 12 Uhr landeten wir (bei) der türkischen Festung Glatuma (Kladowa) gegenüber, wo die Pässe gezeigt werden mussten, weswegen wir da übernachten mussten. Am 19. August kamen wir bei großer Hitze wohlbehalten in Galatz an. Gegen Abend kam ein kühler Wind, welcher sich die Nacht durch ein Sturm verwandelte. Heute früh ist noch Sturm und ein wenig Regen. Die Vorsteher speisen heut beim russischen Konsulat in der Stadt, wohin sie (Vorsteher) fuhren, um Pässe zu zeigen und Proviant zu kaufen. 21. Kam der Herr Konsul nebst Familie heraus zu uns und speisten mit den Vorstehern unter einem Zelt. Der Tag war angenehm. 22. Hatten wir ein wenig Regen, welches eine große Wohltat für uns ist, da wir sehr viele Kranke hatten und auch täglich etliche starben. 23. War wieder sehr heiß. Noch immer wissen wir nicht, wann wir von hier wegkommen. 29. Wurde um 10 Uhr, Gott Lob und Dank, wieder abgefahren. Von allen fünf Schiffen starben in diesen Taten, die wir in Galatz zubringen mussten, 42 Menschen. Heute am 6. (Oktober) war eine schreckliche Sturm- und Regennacht, alle Zelte wurden durchgeweicht und das Wasser lief unter unseren Betten durch. Sturm und Regen dauerten den ganzen Tag und die folgende Nacht durch, wobei Schwester Sophie ihr Zeit vom Strom eingerissen wurde und sie und ihre Kinder damit zugedeckt wurden. 7. Morgens schlüpften sie darunter hervor und krochen in mein Zeit und unter meine nassen Betten. Heute wurde ich durch Fieber so abgematert, dass ich mich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. 8. Fuhr ich und Jakob nach Odessa, um die so weit berühmte Stadt zu sehen. Aber sie wurde unsere Erwartung getäuscht, als wir so viele leere Plätze, so viele Erdhütten, schlechte Häuser und noch überdies den knietiefen Kot sahen. Wir blieben über Nacht, und da wir nicht nach Landesart mit einem großen Schafspelz bekleidet waren, so hatten wir auf einem Tisch ein hartes und kaltes Nachtlager. 9. Sonntag. Wir erstaunten wir, als wir den Sonntag so entheiligt sahen. Da war das Handeln und Gewühl in dem tiefen Dreck herum noch viel toller als am Samstag. Dies und noch vieles machten mir so einen widerlichen Eindruck gegen Odessa, dass ich mich fest entschloss, künftiges Frühjahr mit nach Kaukasien zu gehen… ».’

Source : Wie kamen die Deutschen nach Russland ?, R. HARTMANN, in Neues Leben, n° 51, 14/12/1988 p. 13.