2.1.4. Die Lehre der Wirtschaftsstufen

Zum expliziten Ziel der Theoriebildung erklärt Schmoller das Erkennen entwicklungsgeschichtlicher Gesetze. 303 Sie zu erfassen, möchte er zum Kernpunkt seiner neuen Volkswirtschaftslehre machen, obwohl ihm dies seinerzeit als allerschwierigste Aufgabe und bis dahin nur in Form von geschichtsphilosophischer Betrachtung möglich erscheint. 304 Die von ihm aufgestellte Methode soll – wie es schon der alten historischen Schule vorschwebte – dabei helfen, die Entwicklungsgesetze einem strengeren wissenschaftlichen Verfahren zu unterwerfen.

Der Begriff des Entwicklungsgesetzes nähert sich in Schmollers Lehre dem Konzept der Entwicklungsstufe im Sinne Lists an, obwohl Schmoller sich zu seinem Bedauern mit der Methode seines berühmten Vorgängers nicht zufrieden geben kann. Vielmehr geht es ihm darum, (auf Grundlage tiefer monographischer Studien verschiedener Epochen und Völker) die unterschiedlichen Ausprägungen einer wirtschaftlichen Erscheinung zu beobachten sowie in der Absicht zu beschreiben, ihre verschiedenen, typischen Geschichtsformen zeitlich einzuordnen. Diese Klassifikation soll dann dem Nationalökonomen erlauben, aus der Vergangenheit heraus heutige Ausprägungen einer Erscheinung besser zu verstehen und einen Ausblick auf deren Zukunft zu geben. Schmollers Lehre von den Wirtschaftsstufen enthält also Prognosecharakter. Seine Konzeption der Wirtschaftsstufe erklärt sich am besten anhand zweier Beispiele: der geschichtlichen Entwicklung des menschlichen Wirtschaftens bzw. der Wirtschaft als Organisationsform sowie der Entwicklung von Unternehmensformen.

Notes
303.

Schmoller [1893: 65-73].

304.

Schmoller [1900: 126].