2.2. Der Neohistorismus: Eine Synthese des ersten Methodenstreits

Eigentlich forcierte der erste Methodenstreit eine neohistorische Synthese in zweierlei Hinsicht. Einerseits zeigte die äußerst kritische Debatte empfindliche Schwachstellen sowohl der deutschen als auch der Wiener Schule auf. Andererseits hatte Mengers Beitrag zu einem für die historische Nationalökonomie unhaltbaren Zustand geführt. Nach seiner Trennung zwischen „Individuellem“ und „Generellem“ war es dem Wirtschaftswissenschaftler nicht nur verboten, unmittelbar aus der Empirie eine Theorie zu gewinnen. Vielmehr schrumpfte der existierende Raum für eine praktische Forschung bis zur Belanglosigkeit, da das deduktive Verfahren auch für individuelle geschichtliche Phänomene über exakte Erklärungskraft verfügte. Um an Bedeutung zurückzugewinnen, war es folglich oberstes Gebot, adäquate Methoden sowie Konzepte zur Vereinigung des Individuellen und Generellen zu entwickeln. Dies verlangte nach einer Reform der Ansichten Mengers und Schmollers, wobei als Ausgangspunkt jeweils die Kritik an den beiden Parteien diente.

Durch jene Kritik war die Richtung einer Synthese klar vorgezeichnet. Der Hunger nach rohen Fakten, der die historische Schule dominierte, machte einem Drang zu kohärenten Zusammenhängen Platz. Die Kritik an der Methode übertrug sich auf das Konzept der Wirtschaftsstufenlehre, so dass das Verfahren zur Merkmalscharakterisierung in Frage gestellt wurde.

Diese Aufgabe der kritischen Stellungnahme erfüllten vor allem Arthur Spiethoff und Werner Sombart. 332 Als Schüler Schmollers versuchten beide Autoren, die historische Nationalökonomie mit der Strömung des zunehmenden Bedarfs an Theorie schwimmen zu lassen. Ihre Absicht bestand dann darin, eine „geschichtliche Theorie“ hervorzubringen. Sie sollte mit Hilfe von Unterscheidungsmerkmalen eine Einteilung des geschichtlichen Wirtschaftslebens liefern. Obwohl ihre Lehre eine andere Zielsetzung verfolgte, bedienten sich Sombart und Spiethoff ähnlicher heuristischer Mittel wie die Wirtschaftsstufenlehre.

Notes
332.

Sombart [1927: 6-14]; Spiethoff [1932: 902-909].