3.1.2. Die Aufteilung des Wirtschaftsplans in Plandaten und Erfahrungsregeln

Der Wirtschaftsplan jedes Einzelnen fußt auf einem Ensemble von Plandaten sowie Erfahrungsregeln.

3.1.2.1. Die Plandaten: Nähe zur historischen Schule

Plandaten dienen dazu, Bedürfnisse zu definieren, zwecks deren Befriedigung der Agent seinen Plan formuliert bzw. wirtschaftlich handelt. Die Bedarfsdeckung ist nach Eucken eine Funktion der verfügbaren Rohstoffe und anderer natürlicher Ressourcen, der vorhandenen Arbeitskraft sowie der bereits produzierten Güter. Daneben berücksichtige ein Wirtschaftsakteur noch zwei zusätzliche Daten: den aktuellen Stand der Technik sowie die soziale und rechtliche Organisation der Gesellschaft. Bezüglich Letzterer beachte ein Agent nicht nur die pragmatischen sondern auch organische Institutionen, die eine Gesellschaft stark prägten: „Es ist hier nicht nur an traditionelle Ordnung, an Gesetze und an Sitten gedacht, sondern auch an den Geist, in dem die Menschen leben und in dem sie sich an die Spielregeln halten.“ 782

Der Leser versteht: Die Plandaten sind mehr für einen Produktions- als für einen Konsumtionsplan relevant. Dieser Blickwinkel Euckens entspricht zum einen dem Ziel der „Überwindung der Knappheit“, zum anderen aber auch dem Problem des Gleichgewichts. Als Ökonom liberaler Prägung siedelt er die Problematik wirtschaftlicher Koordinierung implizit bei der Überinvestition und folglich der Überproduktion an, nicht auf Seiten einer Situation der Unterkonsumtion. Diese Ansicht haben – wie bereits deutlich wurde – alle bedeutenden Konjunktur- und Krisentheorien, insbesondere auch die deutschen Theorien untermauert, die mit Eucken die Erfahrung der Großen Depression teilten.

Euckens ausgewählte Plandaten sind ähnlich den Stilmerkmalen bei Sombart und Spiethoff konstruiert: A. Geist (Wirtschaftsgesinnung); B. Form (Regelung und Organisation); C. Technik (Verfahren). Hier liegt die Nähe von Walter Eucken zur neohistorischen Schule auf der Hand. Allerdings befinden sich seine Plandaten – organische Institutionen, Technik, natürliche Ressourcen sowie Wirtschaftsgüter – auf einer niedrigeren theoretischen Ebene als Sombarts oder Spiethoffs Stilmerkmale. So werden die technische Entwicklung oder organische Institutionen – wie z.B. der „Wirtschaftsgeist“ – bei Eucken als größtem Unterschied zu Sombart nicht erklärt. Wirtschaftsgeist und Stand der Technik gelten als Input für die Definition des Wirtschaftsplans, i.e. als exogene Variablen. 783 Eucken erkennt mit der historischen Schule übereinstimmend den Einfluss organischer Institutionen oder des technischen Entwicklungsstandes auf das wirtschaftliche Verhalten an. Doch das Wirtschaften ist bei ihm in die Kultur eingebettet, deren Bestimmungsgründe nicht zum Untersuchungsfeld des Wirtschaftswissenschaftlers gehören. In diesem Punkt trennt sich Eucken von der historischen Schule, auch von ihrer neohistorischen Ausprägung.

Notes
782.

Ebd., S. 134.

783.

„„Einbettung” heißt deshalb, dass kulturelle Faktoren im Verständnis der Wirtschaftssysteme als ein Bestimmendes auftauchen, ohne dass sie näher untersucht werden müssten, weil es der wirtschaftlichen Analyse genügen soll und genügt, die Präferenzen zu nehmen, wie sie sind.” (Schefold [1995c: 15]).