4.2.3. Der wirtschaftspolitische Hauptbeitrag Walter Euckens

Walter Eucken trug als Professor für Wirtschaftswissenschaften schon wesentlich zur Verbreitung des neoliberalen Glaubensbekenntnisses in Deutschland sowie im Ausland bei. Dennoch war ihm dies sicherlich kein ausreichendes Engagement in Anbetracht des wirtschaftspolitischen Chaos, das Deutschland nach der Hyperinflation, nach der Großen Depression und anschließend einer Episode der Kommandowirtschaft bewältigen musste. Angesichts seines persönlichen Berufsbildes hatte er zusätzlich die praktische Aufgabe zu erfüllen, „die Wirtschaftspolitik der Experimente“ zu stoppen. 898 In dieser Hinsicht ist nach Meinung des Verfassers ein Beitrag Walter Euckens jedem anderen überlegen: seine maßgebliche Rolle als berufenes Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Wirtschaftsverwaltung der Bizone für Westdeutschlands Rückkehr zur Marktwirtschaft.

Das entscheidende Einflussmoment der Ordoliberalen war der Wiederaufbau einer gesunden Währungsordnung im Jahr 1948. Eucken hatte bereits vor dem weltweiten Konflikt zu einer Währungsreform aufgerufen und – wie verdeutlicht wurde – bildete die Währungsordnung einen Bestandteil ordoliberaler Wirtschaftspolitik. Doch unabhängig davon argumentierten auch andere deutsche, klassisch wie neoklassisch geschulte Ökonomen – so etwa Adolf Weber – nachdem die Hyperinflation Deutschlands Währungsordnung zerstört hatte, in dieselbe Richtung wie Euckens Aufruf. Trotz des eindeutig wichtigen Einflusses der Sonderstelle Geld und Kredit bei der Frankfurter Wirtschaftsverwaltung der Bizone war die Währungsreform von 1948 eine Initiative der Besatzungsmächte. Dabei spielten die Ordoliberalen folgende entscheidende Rolle: Einerseits lancierten sie die Idee, die Währungsreform an eine Rückkehr zur Marktwirtschaft zu binden; andererseits unterstützten sie Ludwig Erhard bei seinem politischen Eingreifen vom 18. bis zum 24. Juni 1948, das zur Verwirklichung dieser Idee verhalf. Wie Nicholls ausführt, verfügte Erhard für ein solches Unterfangen ansonsten nicht über die nötige politische Beihilfe in den Verwaltungsorganen. Er fand die erforderliche Unterstützung im „wissenschaftlichen Beirat bei der Verwaltung für Wirtschaft“, den sein Vorgänger ein Jahr zuvor gegründet hatte. Innerhalb dieses Gremiums setzten die Ordoliberalen einige ihrer marktwirtschaftlichen Ideen gegen planwirtschaftliche sowie interventionistische Tendenzen anderer Experten durch und verschafften Erhard die Legitimität, nach der er suchte.

Notes
898.

Zu Euckens Berufsbild des Wirtschaftswissenschaftlers siehe Punkt 1. in diesem Teil der Arbeit.